01 August 2022
LACROIX SAE IT
„Top-Down“ von der Hochspannung über die Mittelspannung bis zur Niederspannung beim Endkunden. In der Vergangenheit wurden Verteilnetze gemäß der klaren Energieflussrichtung geplant und umgesetzt. Transformatoren, Leitungen und Schutzeinrichtungen dimensionierte man anhand der zu versorgenden Wohneinheiten, typischen Lastprofilen, statistischen Gleichzeitigkeitsfaktoren und einem ausreichend großen Sicherheitsfaktor.
Die stetig ansteigende Einspeiseleistung aus erneuerbaren Energien und die Änderung des Energiekonsumverhaltens, beispielsweise durch die vorangetriebene E-Mobilität haben das klassische Planungsleitbild und die Technik der elektrischen Energieversorgung verändert. Diese Einflüsse wirken zum größten Teil auf das Niederspannungs-netz. Dort können kritische Betriebszustände und Überlastungen entstehen, da die klassisch geplanten Netze dafür nicht bemessen wurden.
Ortsnetzstationen werden immer häufiger zu intelligenten Knotenpunkten: Sie übernehmen Aufgaben von der Störungserkennung mit Fehlerortung, der Netzqualitätsanalyse bis hin zur kompletten Fernsteuerung oder gar einer automatisierten Trennstellenverlagerung. Doch meist können nicht alle Ortsnetzstationen komplett nachgerüstet werden, da die Kosten in Relation zum Nutzen stehen müssen. Die Stadt-werke Kempen haben daher eine interessante Lösung entwickelt und diese im Rahmen der SAE-Expertentage 2021 vorgestellt: Einen mobilen Messkoffer zur Niederspannungsmessung.
Insgesamt verteilen sich im Netz der Stadtwerke über 300 Ortsnetzstationen. Ein globaler Rollout der stationären NS-Messung für alle Stationen würde wirtschaftlich keinen Sinn machen und wäre vom organisatorischen Aufwand her nicht stemmbar. Der neue mobile Niederspannungsnetz Messkoffer ermöglichte den Stadtwerken Kempen die Identifikation von „Hotspots“ im Netz und somit das Detektieren von strategisch wichtige Ortnetzstationen, um anschließend nur an diesen „Hotspots“ eine stationäre Niederspannungsmessung mit SAE-Technik aufzubauen.
Herzstück des Koffers der Stadtwerke Kempen ist eine FW-5-GATE-4G mit drei PM-1-R Baugruppen (für Rogowski-Spule). Der Vorteil der SAE-Technik sind die bestehenden Schnittstellen für die direkte Anbindung an das Leitsystem per IEC -104 und LTE. Das Messintervall beträgt vier Wochen mit einer Überwachung der Trafobelastung und der einzelnen Abgänge. In Kempen sind es 5-9 Niederspannungsabgänge pro Trafostation. Insbesondere im Zusammenhang mit treibenden Faktoren Elektromobilität (Anmeldung Wallboxen) und PV-Anlagen wurden so einige „Hotspots“ entdeckt, die zu Über- bzw. Unterspannungen im Netz führen können. Geplant ist eine jährliche Wiederholung, um langfristige Entwicklungen zu erkennen und bei Bedarf stationäre NS-Messungen nachrüsten zu können.
Das Beispiel der Stadtwerke Kempen nehmen wir nun zum Anlass, eine standardisierte Lösung zu erarbeiten. Im Produktmanagement werden schon diverse Konzepte geprüft und Anforderungen gesammelt. Dabei ist es unser Ziel, ein Ergänzungsprodukt zu entwickeln, das vielseitig und flexibel einsetzbar ist und den Bedürfnissen der unterschiedlichen Systeme und Anlagen unserer Kunden gerecht wird – Dadurch schaffen wir echten Mehrwert.
Der mobile Fernwirkkoffer soll nicht nur für temporäre Niederspannungsmessungen in Ortsnetz- oder Verteilerstationen eingesetzt werden, um Sie bei der Erkennung und Analyse von Anomalien im Betrieb zu unterstützen, sondern auch in sonstigen mobilen oder stationären Anlagen, bei denen eine vorübergehende fernwirktechnische Überwachung nötig ist. Darüber hinaus soll der mobile Fernwirkkoffer durch Messeinsätze bei der Planung und Validierung von baulichen Maßnahmen und als Unterstützung bei Inbetriebnahmen helfen.
Vorgesehen ist ein Basisprodukt, welches durch spezifische Optionen an die Anforderungen unter-schiedlichster Einsatzbereiche angepasst werden kann. So werden im Rahmen unseres Produktportfolios auch unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation angeboten, wie beispielsweise 4G LTE oder 450 MHz.